1869 Errichtung der ersten Litfaßsäulen in Braunschweig

1855 bekam der Berliner Druckereibesitzer und Verleger Ernst Litfaß (1816 - 1874) ein auf 15 Jahre beschränktes Anschlags-Monopol. Bisher hatte jedermann Anschläge aller Art - auch regierungskritische - nach Belieben an Bäumen und Straßenecken anbringen können. Dies wurde jetzt verboten.

Litfaß erhielt das alleinige Recht, Anschläge an den vorgegebenen Stellen zu befestigen und dafür eine  Abgabe zu nehmen. Ihm wurde jedoch auferlegt, die 60 Berliner Brunnen und Pissoirs mit Holzwänden als Anschlagfläche zu versehen. Um weitere Werbeflächen zu haben, hatte Litfaß die geniale Idee, auf eigene Kosten „Annoncir-Säulen“  aufstellen zu lassen und vereinbarte mit der Berliner Polizeipräfektur dafür 100 Standpunkte.

Die Regelung hatte für beide Seiten Vorteile: Neben der größeren Ordnung konnte die Obrigkeit eine vorherige Zensur der Inhalte ausüben. Außerdem hatte sie sich für amtliche Nachrichten das Recht der kostenlosen Nutzung einräumen lassen. Dies war auch für Litfaß von Nutzen, denn er durfte während der Kriege 1866 und 1870/71 als erster vor allen anderen Medien sämtliche Kriegsdepeschen und Siegesbulletins an seinen Säulen veröffentlichen. Dies steigerte den Zulauf von Menschen und nachfolgend auch von Anzeigenkunden erheblich.

Die Säulen und Holzwände wurden durchlaufend nummeriert, damit der Anschlag-Inspektor, der auch die Aufsicht über die Klebekolonnen führte, bei seinen Kontrollgängen nicht die Übersicht verlor. Die Litfaßsäule wurde sehr schnell auch in anderen Städten eingeführt, so 1869 in Braunschweig. Sie ist mit ihrem analogen Charme auch heute noch ein beliebtes Medium zur Ankündigung von kulturellen Veranstaltungen und für die kommerzielle Werbung. Derzeit stehen In Braunschweig über 100 Litfaßsäulen.

Quellen:
Ilgen, Volker; Schindelbeck, Dirk: "Am Anfang war die Litfasäule. Illustrierte deutsche Reklamegeschichte." Darmstadt, Primus Verlag 2006
Stadtmuseum Berlin: Der „Reklamekönig“ und sein Nachlass, Ausstellung 2016, abgerufen unter www.stadtmuseum.de am 27.03.2020