1896  Erste Kinovorführung in Braunschweig

Die ersten Filmvorführungen waren auf Jahrmärkten, in Schaubuden und Variétés zu bestaunen. Die Gebrüder Lumiére, nomen est omen*, eröffneten 1895 Europas erstes stationäres Lichtspieltheater im Keller eines Pariser Cafés. Das erste deutsche Lichtspieltheater entstand 1899 in Hamburg. Schon 1896 soll in Braunschweig die erste Kinovorführung stattgefunden haben. Weiter lesen...

Im Jahre 1896 soll am Bohlweg 18 ein „Kinematograph“ eröffnet haben. Leider konnten wir eine Quelle für diese Nachricht nicht herausfinden. Gesichert ist allerdings, dass Martin Dentler (1860 - 1933) im Jahre 1906 in der Gördelingerstraße 45 das erste stationäre Lichtspieltheater eröffnet hat. Als Pionier des frühen deutschen Kinos und erfolgreicher Unternehmer etablierte sich Dentler auch in mehreren anderen deutschen Städten. 1914 war er im Besitz von fünf der sechs Braunschweiger Kinos. 1911 entstand auf dem Grundstück Friedrich-Wilhelm-Straße 12 Ecke Leopoldstraße das erste für ein Kino konzipiertes Gebäude, das Hansahaus. Hier war bis 2000 das „Capitol“ beheimatet.

Die steigende Zahl von Kinos in Braunschweig rückte deren Programme in den Fokus kritischer Betrachtung. Von ärztlicher und pädagogischer Seite wurde auf sittliche und gesundheitliche Gefahren hingewiesen, die der Jugend durch den Besuch der Kinos erwachsen würden.

Als die Braunschweiger Stadtverordneten im November 1913 über die Einführung der (nicht erfolgten) Kinosteuer ausführlich debattierten, bemerkte der Stadtverordnete Stegmann, es seien die Kinos gezwungen, „minderwertige Filme vorzuführen, wenn sie volle Häuser haben wollen, sonst machten sie keine Geschäfte“ (Protokoll, S. 583). Der Stadtverordnete und Lehrer Frede beklagte „in künstlerischer Beziehung (…) große Schäden (…): Das Volk wird entwöhnt von dem Besuch der wirklich guten Vorstellungen im Theater, Konzert usw., sein Geschmack wird total verbildet“ (Protokoll, S. 589).

Ungeachtet aller Bedenken hatten die Braunschweiger Kinos ihr Publikum, dem seit 1924 auch Tonfilme angeboten wurden. Zum festen Bestandteil der Freizeitaktivitäten gehörte vielfach nun auch Kinobesuch.

Der zunächst starke Anstieg der Kinos nach 1945 ist auf einen Nachholbedarf an Unterhaltung im Krieg zurückzuführen. Zur harten Konkurrenz wurden erst der Aufstieg des Fernsehers und dann die fortschreitende Digitalisierung. So ging in Braunschweig die Zahl der Kinos zwischen 1961 und 2016 von 23 auf zwei zurück, diese allerdings mit insgesamt zwölf Sälen. Auch die Filmkultur ist in Braunschweig lebendig. Seit 1987 zieht das internationale Filmfest Braunschweig zahlreiche Zuschauer an und es kommen Weltstars in die Stadt.

* Lumière (franz.) = Licht

Textquellen:
Bericht über die Verhandlungen der Stadtverordneten zu Braunschweig in deren Sitzung am 13. November 1913, S. 578-595.
Wikipedia: Martin Dentler, abgerufen 16.012021
Nickel, Hartmut: Filmtheater. In: Camerer, Luitgard, Manfred Garzmann, Wolf-Dieter Schuegraf (Hrsg.): Braunschweiger Stadtlexikon. Verlag Joh. Heinr. Meyer, Braunschweig 1992, ISBN 978-3-926701-14-5, S. 71.        

Bildquelle: Gutzeit, Arndt 2021: Hansahaus, Friedrich-Wilhelmstraße Ecke Leopoldstraße