1871 Gründung der Brauerei Feldschlößchen in der Nähe des Schlosses Richmond

Die Brüder Christian und Carl Bendt gründeten 1871 auf dem Gelände des beliebten Gartenrestaurants „Zum Feldschlößchen“ in der Wolfenbütteler Straße die „Brauerei zum Feldschlößchen Gebrüder Bendt OHG". Das nahegelegene Schloss Richmond, im Volksmund Feldschlößchen genannt, war der Namensgeber.

Die Brauerei wurde 1888 in eine Aktiengesellschaft umgewandelt. In die 1860er und 1870er Jahre fielen neue wissenschaftliche Erkenntnisse und technische Neuerungen, die die Bierherstellung entscheidend beeinflussten. Louis Pasteur (1822 - 1895) fand heraus, dass die Gärung, also die Umwandlung von Zucker in Alkohol oder Säure, unter dem Einfluss von Hefebakterien vonstatten ging. Er konnte außerdem zeigen, dass eine kurzzeitige Erhitzung die Mikroben abtöten und den Gärvorgang beenden konnte. Carl von Linde (1842 - 1934) entwickelte eine Kältemaschine mittels Kompressor, auf deren Technologie auch heutige Kühlgeräte noch immer fußen. Durch beide Neuerungen war es möglich, den Brauvorgang standardisiert ablaufen zu lassen und das Bier viel länger haltbar zu machen. Wurde bisher das verderbliche Bier für den Hausgebrauch nur in kleinen Mengen mit einem Gefäß aus einer Gaststätte geholt, konnte der neue Direktor Otto Böhme (1859-1951) ab ca. 1895 den pasteurisierten Gerstensaft in Pfandflaschen anbieten, die Produktion massiv steigern und Feldschlößchen expandieren.

Im Jahre 1919 übernahm er die Braunschweiger Löwenbrauerei und fusionierte 1920 mit der Aktienbrauerei Streitberg. 1926 kam die Brauerei Funke aus Helmstedt dazu. Als Böhme 1942 in den Ruhestand ging, hinterließ er seinen Nachfolgern eine moderne Braustätte. Diese übernahmen 1977 noch die National-Jürgens-Brauerei am Rebenring. Gemeinsam mit dieser gelang in den 1980er Jahren erstmals ein jährlicher Ausstoß von 1 Mio. Hektolitern. 1976 beteiligte sich die Holsten Brauerei AG aus Hamburg an Feldschlößchen und übernahm 1989 diese komplett. Holsten selbst geriet 2004 in den Besitz der dänischen Carlsberg-Brauereigruppe. Die von den Dänen geplante Schließung der Braunschweiger Braustätte wurde  2009  durch den Verkauf an die bayerische Oettinger Brauerei verhindert. Bis 2014 braute der frühere Wettbewerber Hofbräuhaus Wolters ( ↑BZS 1876 ) im Rahmen eines Lohnbrauvertrages die ehemalige Leitmarke Feldschlößchen Pilsner, das Markenrecht verblieb aber bei Oettinger.

Weit im Umland sichtbar war seit den 1950er Jahren die Leuchtreklame auf dem Dach des Turms der Brauerei. Ringförmige Neonröhren erleuchteten nacheinander so, dass sich ein riesiges Bierglas langsam zu füllen schien. War die Blume am Oberrand angekommen, verlosch alles und ein neuer Zyklus begann. Zu erwähnen ist auch noch das bemerkenswerte  gesellschaftliche Engagement der  Brauerei Feldschlößchen, die neben dem üblichen Sponsoring im Sportbereich den Aufbau des „Museums für Fotografie“ unterstützte und ab 1985  jährlich  den „Feldschlößchen-Naturschutzpreis“ ausschrieb.

Querverweis:
1876  Verleihung des Titels „Hofbierbrauer“ an Carl Christian Wolters

Textquelle:
Brauerei Feldschlößchen AG (Hrsgb.): 100 Jahre Brauerei Feldschlößchen AG 1888-1988, Braunschweig 1988

Bildquellen:

  1. Ansicht der Brauerei Feldschlößchen, Aquarell von Max Osterloh um 1920, Braunschweigisches Landesmuseum
  2. Abbildung der Leuchtreklame in obiger Textquelle, Grafik von Waltmann