1874 Erstes Fußballspiel im Deutschen Reich von einer Braunschweiger Schulmannschaft

Konrad Koch (1846 -1911) gilt als Begründer der sportlichen Schulspiele im Freien, die er 1872 als Ergänzung zum bestehenden Turnunterricht einführte. Ideengeber für die Spiele war sein Schwiegervater, der Arzt Friedrich Reck (1827–1879), der ausreichende Bewegung bei Kindern und Jugendlichen für eine gute Gesundheit unerlässlich hielt.

Koch war Lehrer am Gymnasium Martino-Katharineum (MK). Ihm zur Seite stand als Freund und Kollege der Turnlehrer August Hermann (1835-1906), der 1874 einen Fußball aus England  besorgte - damals noch eine aufgepumpte Ochsenblase mit Lederüberzug. Unter der Leitung von Hermann und Koch trugen Schüler des MK im Herbst 1874 auf dem „Kleinen Exerzierplatz“ am heutigen Rebenring das erste Fußballspiel auf deutschem Boden aus. Bald verbreitete sich die Sportart und die Braunschweiger Firma von Dolffs & Helle ( ↑BZS 1864 )  fing an, Fußbälle nebst Zubehör zu produzieren.

Den Weg für das Fußballspiel ebnete Karl Theodor Gravenhorst (1810 - 1886), der als Direktor des MK Koch und Hermann gegen den Widerstand des Kollegiums unterstützte. Anderenorts wurden bis in die 1890er Jahre Schüler oder Lehrer, die sich an einem Fußballspiel beteiligten, der Schule verwiesen. Koch beabsichtigte, den Jungen durch Fußball Disziplin und Teamgeist beizubringen. Wenn er seine Schüler zum Fußballspiel versammelte, waren Torstangen und Eckfahnen jeweils mitzubringen. 1875 gab Koch ein Regelbuch heraus, das neben „Abseits“ und „Freistoß“ auch Kleidungs- und Gesundheitsregeln umfasste. Zwanzig Jahre lang blieb Fußball den Schulen vorbehalten, erst dann gründete sich in Braunschweig der erste Verein namens „Victoria“. Im Jahre 1896 gab es im Kaiserreich 28 Vereine, darunter seit 1895 auch Eintracht Braunschweig.

Mädchen war das Fußballspiel nicht gestattet -  Hermann konnte sich das selbst als Vorkämpfer für das Mädchenturnen nicht vorstellen*. Für sie führte er 1896 das Basketballspiel ein, ebenfalls ein Novum in Deutschland. Neben Fußball sind Koch und Hermann noch zwei weitere Neuheiten zu verdanken: Cricket (1876) und Handball (1891).

Querverweis:
1864 Gründung der Firma von Dollfs und Helle ( „Braunschweiger Turn- und Sportgerätefabrik“)

Anmerkung:  Noch 1955 verbot der Deutsche Fußballbund (DFB) auf seinem Verbandstag den bei ihm organisierten Vereinen Frauenfußball anzubieten. Bis zur Aufhebung des Verbotes 1970 kickten aber ca. 50.000 Frauen abseits des DFB Fußball. Im Jahre 1990 gründete man die Frauen-Fußballbundesliga. Die Nationalmannschaft wurde seither zweimal Weltmeister, achtmal Europameister und bekam drei Bronzemedaillen bei Olympischen Spielen.

Textquellen:

  1. Hoffmeister, Kurt: „Fußball: Der Siegeszug begann in Braunschweig“: Braunschweig: Eigenverlag Hoffmeister, 2004, Deutsche Nationalbibliothek DNB 971272107
  2. www.netzathleten.de/…/2235-die-geschichte-des-frauenfussballs-in-deutschland, abgerufen am 28.06.2020

Bildquelle:
Konrad Koch, Braunschweigisches Landesmuseum